23. Juli 2018
Bild: CC BY SA 3.0
Über Mesut Özil als talentierter Fussballer ist sich die Welt einig. Mit 29 Jahren hat er als Sportler so viel erreicht wie nur wenige vor ihm. Klar, dass einer wie er gerne als Markenbotschafter vor den Karren des Business gespannt wird: Mercedes Benz, DFB, FIFA Worldcup, Commerzbank (als Teil der Mannschaft) etc.
Seine deutsch-türkischen Wurzeln sind dabei eine echte Herausforderung. Wie übrigens für nahezu alle Deutsche mit Migrationshintergrund. Als Coach/Trainer arbeite ich immer mal wieder mit ihnen zusammen und unisono höre ich: „Wir sind in Deutschland Türken und in der Türkei Deutsche“. Dass diese Zerissenheit bei vielen Spuren hinterlässt, dürfte auf der Hand liegen.
Mesut Özil bekam vermutlich über seinen Spielerberater Dr. Erkut Sögüt das Angebot zum türkischen Präsidenten und bekennenden Fussballfan Erdogan (gemeinsam mit Ilkay Gündogan) zu reisen um ihm seine Aufwartung zu machen. Vermutlich schmeichelt eine solche Einladung und ist Balsam für die Seele eines Deutschen mit türkischen Wurzeln nebst Familie im fernen Land. Ob es den beiden klar war, was sie mit diesem Besuch in Deutschland auslösen, weiß ich nicht. Als Personal Branding Experte hätte ich zumindest darauf hingewiesen, was ein öffentlicher Besuch bei einem Präsidenten (während des türkischen Wahlkampfs) mit seiner Personal Brand macht: Sie bekommt eine politische Note.
Nach langem Schweigen ließ Mesut Özil am 22. Juli 2018 die Bombe platzen: Er informierte via Twitter (23,1 Mio Follower zzgl. weitere soziale Plattformen) in einem dreiteiligen Tweet die Öffentlichkeit darüber, dass er aus der deutschen Nationalelf austritt und rechnete mit seinen ehemaligen Partnern vom DFB und der Wirtschaft ab. Sinngemäß solange er rassistischen Anfeindungen gegenüber stünde, spiele er nicht mehr für Deutschland. Bäng!
Screenshot vom öffentlichen Twitter-Kanal Mezut Özil https://twitter.com/MesutOzil1088. Hier das Statement im Wortlaut.
Damit ergänzt er seine Marke vom Sportler zum Kämpfer gegen den Rassismus. Das gibt seiner Personal Brand einen neuen Anstrich. Die Frage ist, wie er diesen in Zukunft für sich (und andere) nutzen wird.
Ich sehe hier neue Möglichkeiten und gute Chancen, seine Marke als Sportler UND Kämpfer gegen den Rassismus positiv zu entwickeln. Allerdings gibt es auf diesem Weg nicht wenig Fettnäpfchen, die er vorausschauend umgehen muss. Denn so groß das neue Potenzial ist, genauso gefährlich kann es sein.
Ähnlich werden das vorhandene und künftige Sponsoren bedenken. Mit etwas Geschick könnte man Mesut Özil als Ausnahmefussballer mit einer klaren Haltung gegen den Rassismus positionieren, was derzeit ein hoher Markenwert ist.
Ich jedenfalls bin gespannt, wie sich die Situation entwickeln wird, welchen Lauf sie nimmt und wer am Ende davon profitiert.
In diesem Artikel möchte ich weder politische Statements abgeben, noch eine Bewertung der Situation vornehmen. Ich vertrete kein Richtig oder Falsch, klage nicht an, verurteile nicht und gebe auch keine Zustimmung. Mein Interesse gilt ausschließlich der Marke Mesut Özil, was derzeit mit ihr passiert und wie sie sich aus meiner persönlichen Sicht verändern könnte.